Bullerei Insights

Interview mit Tellerrand (Patrick Rüther, Kerstin Rapp-Schwan, Tim Koch)
Sommer 2021

Was machen Orte besonders oder wertvoll?

KRS: Orte, die erlebbar sind und an denen Menschen unbeschwert und unkompliziert gemeinsam Zeit verbringen, das empfinde ich als wertvoll. Eine bunte Mischung von Menschen unterschiedlicher Kultur und Interessen empfinde ich als spannend.
PR: Das ist schwer allgemein zu sagen, da besondere Orte eben “besonders” sind. Mal kann es das Setting sein, also die Eingebundenheit in eine bestimmte Struktur, Landschaft, Nachbarschaft. Mal ist es die Einrichtung. Einfacher ist es, zu beurteilen, “ob” ein Ort besonders ist, weniger “warum”. Besonders ist er, wenn sich Menschen dort wohlfühlen, sich entspannen oder “locker machen” können. Oder auch, wenn sie den Ort bewusst erleben, inspiriert werden und ins Staunen versetzt werden. Es ist fast immer ein Zusammenspiel vieler Faktoren, ganz besonders auch der Menschen, die diese Orte besuchen, an ihnen arbeiten und ihnen viel von dem Spirit geben, den sie ausstrahlen.
TK: Der Eindruck, dass Menschen sich dort ohne die Überwindung von Hemmschwellen gern aufhalten bzw. als Mitarbeiter:innen gern dort arbeiten. Sich an einem Ort einfach wohlzufühlen – egal ob man sofort den Grund dafür kennt oder nicht – empfinde ich als sehr wertvoll.

Wie lernen Orte das Sprechen?

KRS: Orte bekommen eine Stimme, wenn Sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen und über das Erlebte gesprochen wird, es weitergetragen wird. Sobald Menschen eine starke Emotion mit einem Ort verbinden, wird über die Orte und die Emotion gesprochen, das führt dazu, dass ein Ort eine Stimme bekommt.
PR: Sie sprechen/kommunizieren durch und durch mit allen ihren Eigenschaften und Besonderheiten. Einrichtung, Menschen, die sich dort aufhalten, und eben das Gefühl, welches sie vermitteln und hervorrufen.
TK: Indem andere von ihnen erzählen und ihre Erlebnisse von dem Ort weitertragen.

Was muss ich im Bereich Gastronomie bzgl. Des Ortes beachten?

KRS: Wenn eine Gastronomie in einem Ort entstehen soll ist viel Sensibilität gefordert ebenso Kreativität. Die unterschiedlichen Voraussetzungen eines Ortes sollten zum Konzept einer Gastronomie passen und/oder umgekehrt. Nicht jedes Konzept passt an jeden Ort, aufgrund der Räumlichkeit aber auch aufgrund der Menschen an den Orten.
PR: Idealerweise passen Ort, Konzept und Betreiber so zusammen, dass sich ein harmonisches Ganzes ergibt.
TK: Man sollte den Charakter und das Besondere von Orten – das betrifft das Gebäude genauso wie einzelne Räume – unbedingt erhalten. Ein Umbau oder auch die gutgemeinte Ausstattung des Raumes kann das leider zu schnell kaputt machen. Dazu bedarf es viel Feingefühl für das Erleben und der Vorstellungskraft für die Aufenthaltsqualität des Raumes.

Wie geht Tellerrand an die Entwicklung von Orten ran?

KRS: Das ist pauschal nicht zu beantworten. Wir achten auf die individuellen Ansprüche und Herausforderungen des jeweiligen Ortes. Was passt zu der Räumlichkeit, dem Standort und den Menschen, der Zielgruppe. Es lässt sich nicht jedes Konzept wie ein Kondom über den Ort stülpen. Auch hängt die Entwicklung des Ortes von dem Stand des Projektes ab, wann steigen wir ein, mit welchen Voraussetzungen.
PR: Am Liebsten entwickeln wir ein Konzept unter Berücksichtigung des Ortes und seiner Besonderheiten passend dazu. Die Möglichkeiten, die ein Ort bietet oder in ihm schlummern, sollten bestmöglich durch ein Konzept genutzt werden.
TK: Eigentlich und hoffentlich wie zum Charakter und dem Besonderen zuvor beschrieben. Aber bei jedem Projekt ist die Basis für die Entwicklung von Orten anders, je nachdem, zu welchem Zeitpunkt wir in das Projekt einsteigen dürfen.

Kann man von Covid-19 und den Schließungen irgendetwas lernen?

KRS: Konzepte, die schon vor der Krise “angeschlagen” waren, werden es schwer haben zu überleben. Nachhaltigkeit und Transparenz gewinnen noch mehr Aufmerksamkeit. Regionalität erlebt einen noch nie dagewesen Boom. Auf diese neuen, sich verstärkenden Ansprüche des Gastes gilt es zukünftig noch mehr einzugehen. Gleichzeitig wird der Mitarbeitermarkt noch härter umkämpft sein. Es gilt den Mitarbeiter noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen und eine Arbeitgebermarke zu pflegen. Leider lernen wir auch, dass auch die Gastronomie nicht jeder Krise einfach standhält. Der Spruch “gegessen wird immer”, hat in der Pandemie nicht funktioniert….
TK: Ja, ganz bestimmt viel. Wir bekommen Zeit zu überdenken bzw. sind sogar gezwungen zu überprüfen, ob das zuvor Bewährte und Gelebte auch für die Zukunft die optimale Lösung zu sein scheint. Wir sehen, wie Menschen mit Krisensituationen und Herausforderungen umgehen – wie flexibel sie sind und ob das Glas halbleer oder halbvoll ist.

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